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Boris Charmatz / Trimukhi Platform

Hall of Videodances Part 4: Site by Site II

Info

Die jeweiligen Video-Tänze werden hier kostenlos verfügbar und bis 07. März abrufbar sein. Mit dem Ticketlink können Sie ein freiwilliges Festival-Ticket für 5, 10, 20 oder 30 Euro kaufen.

Vergangene Termine

Der Begriff Videotanz etablierte sich im westlichen, zeitgenössischen Tanz der 1980-er Jahren, um Arbeiten zu beschreiben, die nicht für die Bühne gemacht, sondern mit der damals neuen Videotechnik explizit für die Kamera produziert wurden. Zahlreiche Choreograf:innen hatten bereits davor viele Experimente mit der Kamera gewagt, wie Maya Deren zum Beispiel. Später wurde der amerikanische Choreograf Merce Cunningham einer der prägenden Choreograf*innen dieses neu entstehenden Genres. Gemeinsame Techniken des Films und des Tanzes, wie Montage, Rhythmus und Tempo bilden die Grundlage für Formen des Videotanzes, die andere Perspektiven auf den Tanz eröffnen und auch neu definieren, wo er stattfindet und wie er vermittelt. Vor dem Hintergrund der allgemeinen Demokratisierung durch digitale und soziale Medien und letztlich auch in Corona-Zeiten, in denen Choreograf:innen nach neuen hybriden Formaten für den Tanz suchen, hat sich der Videotanz durch CGI-Technik oder Mittel der Augmented Reality, die auf der Bühne nicht zur Verfügung stehen, ästhetisch wie politisch weiterentwickelt. Seit den ersten Experimentalfilmen bis heute hat die Synthese von Tanz und Film in einer Vielzahl unterschiedlicher Formate Ausdruck gefunden und dem zeitgenössischen Tanz nicht zuletzt auch zu Popularität verholfen. Der als Video existierende Tanz stellt außerdem Fragen nach Reproduktion, Autor*innenschaft, Eigentumsrechten an Choreografien, kultureller Aneignung und der Politisierung von Tanz.

Der FOKUS TANZ #7 stellt bereits existierende und für das Festival neu produzierte Videotänze gegenüber und lässt sie miteinander in Schwingung treten.

Site By Site Teil Ii

Wenn Tanz und Video in eine Fusion treten, schaffen sie nicht nur neue ästhetische Spielräume, sondern transportieren und prägen auch anders soziale Kontexte als der Tanz auf der Bühne. Im Videotanz kann ein neues Verständnis von Tanz selbst, und dessen, was ihn ausmacht, entstehen. Tanz entsteht nicht im neutralen Raum, sondern in komplexen Kontexten und Räumen. Diese lassen, einmal aus der Bühnensituation herausgenommen, ein tieferes Verständnis für den Körper und die Bewegung sichtbar werden: Was initiiert die Bewegung? Wie wird sie ausgeführt? Wie fließen Energien durch den Körper? Videotanz heißt auch Erschließung neuer Räume: sei es eine Küche, eine Waldlichtung oder ein Swimmingpool. Sozusagen Body-Site-Specific: der Raum macht die Bewegung des Körpers.

Boris Charmatz: Les Disparates (2000)

30 Min.

Boris Charmatz gehört zu den derzeit berühmtesten Choreograf:innen der europäischen Tanzszene. Der ehemalige Leiter des bretonischen Centre Chorégraphique, das er in ein « Musée de la danse » umtaufte, ist für sein Plädoyer bekannt, den Körper live erleben zu müssen. Umso schöner ist es, dass er sich auf der Grundlage der gemeinsamen Bühnenarbeit mit Dimitri Chamblas LES DISPARATES von 1994, am Filmmedium ausprobierte. LES DISPARATES versteht sich nicht als «Videotanz» oder Tanzfilm, sondern als ein empirischer und intuitiver Tonfilm ohne ausgesprochene Worte. Im Filmmedium sehen die Macher die Chance den Tanz in die Realität zu überführen und sie mit den «eigentümlichen» Codes dieser Ausdrucksform zu konfrontieren. So tanzt Boris Charmatz in mitten verschiedener Orten der normannischen Stadt Dieppe, vor einem Schwimmbad, am Hafen, auf einer Brücke. Der Macht des Bildes, der filmischen Rahmung und des Schnitts setzten Charmatz und Chamblas eine kraftvolle wie emotionale Choreografie entgegen, die sich der Zwangsjacke des Tanzes entledigt und eine kinematografischen Erzählung erzeugt, die vom Gewicht der Gefühle bis zur Leichtigkeit des Körpers geprägt ist.

Trimukhi Platform: Cooking Stone (2020)

17 Min.

200 Kilometer von Kalkutta liegt eine kleine Ortschaft mit dem Name Borotalpada im indischen Bundesstaat Westbengalen. Wenig Weltbewegendes passiert dort, aber Borotalpada ist das Dorf, in dem vor über 12 Jahren ausgehend vom Werk des Theaterregisseurs und Philosophen Jean-Frédéric Chevallier und des Produzenten Sukla Bar das Kollektif Trimukhi Platform gegründet wurde. Trimukhi Platform besteht aus 18 indigenen Familien, die sich nicht nur zusammengetan haben, um zeitgenössische Kunst zu produzieren, sondern vor allem um Brücken zwischen zunächst auseinanderliegenden Welten zu bauen. Ihr Film Cooking Stone betrachtet den Alltag im Dorf Borotalpada, widmet sich der ländlichen Routine, dem alltäglichen Miteinander und Leben und findet im Gewöhnlichen eine alltägliche Schönheit, der auch andere indische Künstler*innen wie der Dichter Rabindranath Tagore oder der Filmemacher Satyajit Ray Zeit und Werke gewidmet haben.