





Soli-Veranstaltung für ukrainische Künstler*innen
Panel: Russlands Imperialismus in Osteuropa / Film: The Earth is Blue as an Orange
Vergangene Termine
10.03.22
19:00
Das Panel Wird Live Gestreamed, Der Film Ist Nur Vor Ort Zu Sehen.
Der Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24. Februar hat die ganze Welt erschüttert. Plötzlich sind die Diskussionen über den Kalten Krieg und die Konfrontation zwischen der NATO bzw. »dem Westen« und Russland in den Hintergrund getreten und zuvor eher am Rande geführte Diskurse über die neokoloniale und imperiale russische Politik in Osteuropa gewinnen an Bedeutung. Die Panellist*innen analysieren die geschichtlichen Hintergründe dieser Politik: Warum war die Ukraine in den letzten 8 Jahren das Ziel russischer militärischer Aggression? Ist es haltbar zu sagen, die NATO und der Westen hätten die russische Invasion provoziert und so die Ukraine in diesem Kontext gewissermaßen zu entmündigen? Ziel des Gesprächs ist es, den historischen, politischen und kulturellen Hintergrund des Krieges in der Ukraine zu beleuchten und das Wissen darüber zu dekolonisieren. Die Panellist*innen sind die Medienkünstlerin und Autorin Anna Engelhardt, die Journalistin Anastasia Tikhomirova, der Historiker Prof. Dr. Jörn Happel und Moderation übernimmt die Soziologin und Kuratorin Mariia Vorotilina. Die Veranstaltung ist eine Kooperation zwischen Kampnagel und der ZEIT-Stiftung. Die Stiftung wird Residenz-Stipendien für ukrainische Künstler*innen zur Verfügung stellen, wir rufen zusätzlich zum Spenden dafür auf.
Am Anschluss an die Diskussion zeigen wir den mehrfach ausgezeichneten Dokumentarfilm THE EARTH IS BLUE AS AN ORANGE von der 1982 geborenen Regisseurin Iryna Tsilyk. Der Film gibt einen bewegenden Einblick in das Leben im Donbass, der seit 2014 Kriegszone ist. Dort lebt die alleinerziehende Anna mit ihren zwei Töchtern und zwei Söhnen. Sie entscheiden einen Film zu drehen über das, was sie in ihrer zertrümmerten Heimatstadt erlebt haben und immer noch erleben. Zusammen diskutieren sie Szene für Szene, verwandeln das Wohnzimmer in ein provisorisches Studio und bitten Soldaten auf der Straße vor die Kamera. Die Regisseurin Iryna Tsilyk beobachtet die mutige Familie in ihrem Prozess des Filmemachens und fängt dabei berührende Momente der Hoffnungslosigkeit, aber auch von ansteckender Freude ein. Entstanden ist ein berührendes Zeitdokument über das Leben jenseits von Frieden und Sicherheit, in dem das Filmhandwerk selbst zur sinnstiftenden Mission wird. Iryna Tsilyk wurde 1982 geboren und studierte in Kiew Film und Theater. Sie hat dokumentarische und fiktionale Kurzfilme gedreht; ist außerdem Buchautorin und schreibt Lyrik, Prosa und Kinderbücher. Ihr Langfilmdebüt THE EARTH IS BLUE AS AN ORANGE (2020) wurde auf dem Filmfestival in Sundance mit dem Directing Award in der World Cinema Documentary Competition ausgezeichnet.
Auf dem Panel sprechen:
Anna Engelhardt, eine russische Forscherin und Künstlerin, deren Hauptthemen Dekolonialität, Logistik und feministische Politik im postsowjetischen Raum sind. Sie hat kürzlich einen Aufsatz mit dem Titel »The Futures of Russian Decolonization« (Die Zukunft der russischen Dekolonisation) verfasst, der die aktuelle koloniale russische Politik in Bezug auf die ehemaligen Sowjetstaaten, ihre Ursprünge und ihren Einfluss auf Gesellschaft, Kunst und Wissenschaft problematisiert (HIER zu lesen).
Prof. Dr. Jörn Happel, Professor für Geschichte Osteuropas und Ostmitteleuropas an der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg. Er arbeitet aktuell u.a. an einem Projekt über Europas Urangst vor dem Osten. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen u.a. die Geschichte Russlands/der Sowjetunion, Zentralasiens, Sibiriens und Polens sowie die Geschichte der interkulturellen Beziehungen zwischen Ost- und Westeuropa.
Anastasia Tikhomirova ist Journalistin, Moderatorin und Redakteurin und arbeitet u.a. für taz, ZEIT ONLINE, Jungle World, Analyse & Kritik und »Der Volksverpetzer«. Sie ist außerdem Alumna des Marion-Gräfin-Dönhoff-Stipendiums der Internationalen Journalisten Programme 2021, im Rahmen dessen sie bei der Novaya Gazeta in Moskau hospitierte. Geboren ist sie 1999 in Waiblingen bei Stuttgart, aufgewachsen zwischen den Gegensätzen Moskau und Allgäu.
Mariia Vorotilina moderiert das Panel. Nach ihrem Abschluss in Social Sciences an der Universität in Kyiv 2016 arbeitete sie u.a. in verschiedenen künstlerischen Projekten und für internationale Hilfsorganisationen, die in der Ostukraine aktiv waren. Seit 2018 ist sie Mitarbeiterin in der Öffentlichkeitsarbeit auf Kampnagel und kuratiert außerdem eigene Projekte. Im Wintersemester 2021/22 mitgestaltete sie in einem Kollektiv das Seminar »Osteuropa dekolonisieren«.