Breaking the Canon
Vier Jahrzehnte verpasste Anerkennung – zur Lyrik Semra Ertans. Von Cana Bilir-Meier und Zühal Bilir-Meier.
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10.06.21
18:00
Die Arbeiterin und Lyrikerin Semra Ertan hatte bereits zu Lebzeiten versucht, ihre Poesie zu einer Veröffentlichung zu bringen und in der deutschen Literaturlandschaft zu verankern. Sie bemühte sich um Lesungen, verteilte ihre Gedichte an andere Menschen, einige ihrer Texte waren Teil eines Sammelbandes zu »migrantischer Literatur«. Semra Ertan trat kurz vor ihrem Tod sogar dem Schriftstellerverband bei, um sich zu vernetzen. Das linke Blatt Spökenkieker hatte kurz nach ihrem frühen Tod mit 25 Jahren eines ihrer Gedichte abgedruckt. Und dennoch: Sichtbarkeit und Anerkennung lagen in weiter Ferne. Gut vierzig Jahre später halten wir den Gedichtband »Mein Name ist Ausländer | Benim Adım Yabancı« in Händen, dank der unnachgiebigen Arbeit der Schwester Semra Ertans, Zühal Bilir-Meier, und ihrer Nichte, Cana Bilir-Meier. Fast zehn Jahre lang haben auch sie mit Verlagen gerungen und für eine ernsthafte und sorgfältige literarische Auseinandersetzung mit Semra Ertans Werk gekämpft. Doch was bedeutet die verlorene Zeit für die Rezeption ihrer Lyrik? Wie viele hätten ihre Gedichte bereits vor zwanzig Jahren gebraucht? Welche Gewalt steckt in der alleinigen Markierung als »migrantische Lyrik«, dem weißen gesellschaftlichen Blick auf Literatur, und der verpassten Kanonisierung über vier Jahrzehnte hinweg?
Moderation: Alina Buchberger
• Ausstrahlung auf dem Kampnagel-Vimeo-Kanal
• In deutscher Lautsprache