Auf einer sonst leeren Bühne steht ein Bildschrim mit weißem Rauschen. Im Vordrgrund geht eine dunkel schlicht gekleidete Person in die Knie, Arme verschränkt, Hände zu Fäusten, barfuß und mit erschrockenem Blick
© Kampnagel
Auf einer sonst leeren Bühne steht ein Bildschrim mit weißem Rauschen. Im Vordrgrund geht eine dunkel schlicht gekleidete Person in die Knie, Arme verschränkt, Hände zu Fäusten, barfuß und mit erschrockenem Blick
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Performance / Gespräch / Diskussion

Sapir Heller / Maya Arad Yasur

Wie man nach einem Massaker humanistisch bleibt in 17 Schritten

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Mögliche Trigger: Thematisierung von Krieg, Terror und militärischen Handlungen (keine explizite Darstellung), Video mit Tieren, die sich jagen und fressen

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Sonntag

09.03.25

18:30

Performance

Es ist 6:30 morgens: Eine Frau schläft in ihrem Bett, als draußen der Hund zu bellen beginnt und wenig später das Heulen der Sirenen einsetzt. Sie geht in das Schlafzimmer ihrer Kinder und legt sich schützend über sie. Kein noch so verzweifeltes Klopfen einer schutzsuchenden Nachbarin kann sie aus dieser Position lösen. Ausgehend von diesem exemplarischen Szenario, und in unmittelbarer Reaktion auf die Terroranschläge am 7. Oktober, reflektiert die israelische Autorin Maya Arad Yasur Bewältigungsstrategien angesichts unmenschlichen Grauens. Im Kern setzt sie sich mit universellen Werten der Menschlichkeit auseinander. Die Bühnenversion der Regisseurin Sapir Hellers gibt in 17 Schritten Anhaltspunkte für den Umgang mit der Wucht medialer Bilder und fragt nach Herausforderungen und Notwendigkeit von Empathie in einem Ausnahmezustand.

Diskussion

Das Stück WIE MAN NACH EINEM MASSAKER HUMANISTISCH BLEIBT IN 17 SCHRITTEN wurde unmittelbar nach dem Terrorangriff des 07. Oktober entwickelt. Es ist der Versuch, Schmerz, Ohnmacht und Entsetzen zu verarbeiten. Seitdem hat sich die Situation in Israel/Palästina massiv zugespitzt: Bis zum fragilen Waffenstillstand (Stand 24.01.) führte die ultranationalistische Regierung Israels über 467 Tage einen brutalen Krieg in Gaza. Darin wurden mindestens 46.000 Menschen getötet, mit einem hohen Anteil Frauen und Kinder, mindestens 110.000 wurden verletzt. Ein Großteil Gazas wurde dem Erdboden gleichgemacht, die Lebensgrundlage der dort lebenden Palästinenser*innen ist zerstört, die Zukunft ungewiss. Führende Genozid-Forscher*innen sprechen von einem plausiblen Völkermord, was wiederum von anderen Forscher*innen bestritten wird. Palästinenser*innen auf der ganzen Welt beklagen angesichts schwerwiegender Völkerrechtsverbrechen mangelnde Empathie mit ihrer Situation. Ist eine humanistische Perspektive fehlgeschlagen? Die anschließende Podiumsdiskussion gibt Raum, um über die Möglichkeiten und Grenzen von Humanismus im Moment größter Katastrophe ins Gespräch zu kommen.

Maya Arad Yasur ist eine in Tel Aviv lebende Dramatikerin. In ihren Stücken beschäftigt sie sich hauptsächlich mit Fragen der Identität, des Exils und des Krieges, indem sie die Mechanismen der Erzählung zerlegt. Yasurs Stücke wurden weltweit aufgeführt und veröffentlicht und sind in 12 Sprachen übersetzt. Für „Amsterdam“ wurde sie mit dem Stückemarkt-Preis des Berliner Theatertreffens ausgezeichnet, für „Suspended“ mit dem Preis des Internationalen Theaterinstituts für Dramaturgie, für „God Waits at the Station“ mit dem Habima-Preis und für ihre vielversprechenden Leistungen mit dem Rosenblum-Preis der Stadt Tel-Aviv für darstellende Künste.

Sapir Heller ist Theaterregisseurin, lebt in München und ist in Israel geboren und aufgewachsen. Sie studierte Schauspiel- und Musiktheaterregie an der Hochschule für Musik und Theater und war Stipendiatin der Heinrich-Böll-Stiftung. Ihre Inszenierungen werden u.a. am Schauspiel Frankfurt, Theater Essen, Staatsschauspiel Dresden, Theater Augsburg, Maxim Gorki Theater, Theater Hof und im Nationaltheater Mannheim, Theater Lübeck, Theater Regensburg und am Münchner Volkstheater aufgeführt.

Naz Al-Windi ist Politikwissenschaftlerin und politische Bildnerin mit dem Schwerpunkt auf dekolonialen Theorien. Sie beschäftigt sich mit Befreiungsbewegungen des Globalen Südens und kolonialen Spuren in westeuropäischen Städten. Zuletzt veröffentlichte sie in Zusammenarbeit einen Artikel zur transkontinentalen Gewaltgeschichte der Universität Hamburg.

In ihrer praktischen Arbeit widmet sie sich der Etablierung diskriminierungssensibler Strukturen in Unternehmen.

Hanna Pfeifer ist Leiterin des Forschungsbereichs Gesellschaftlicher Frieden und Innere Sicherheit am IFSH der Universität Hamburg. Hanna Pfeifer erforscht innerstaatliche und internationale Dynamiken von Ordnung und Gewalt. Sie arbeitet an der Schnittstelle der politikwissenschaftlichen Gewalt-/Konfliktforschung, den Internationalen Beziehungen und den Regionalstudien zu Westasien und Nordafrika (WANA). Ihr jüngstes Forschungsfeld sind Konfliktdynamiken in Deutschland, wie sie sich seit der Eskalation des Israel-Palästina-Konfliktes seit 2023 entwickelt haben, darunter Kriegsdiskurse, Protestcamps und Mobilisierung in der Außenpolitik.