Rieke Süsskow
Abschlussarbeiten der Theaterakademie Hamburg: Medea
Abschlussarbeiten der Theaterakademie Hamburg: Medea
Vergangene Termine
01.03.19
19:30
02.03.19
19:30
03.03.19
18:30
Nach Motiven von Hans Henny Jahnn
Die Geschichte ist bekannt. Medea, die Tochter des Königs Aietes von Kolchis und zauberkundige Priesterin der Göttin Hekate, wird vom Liebespfeil einer ungeliebten Göttin getroffen und verhilft deshalb dem Argonauten Jason zum Goldenen Vlies und somit zu Macht. Sie flieht mit ihm nach Iolkos und opfert dafür sogar ihren Bruder. Die beiden Flüchtigen heiraten, bekommen zwei Söhne und finden letztendlich Schutz in Korinth, wo sie trotz Medeas Herkunft geduldet werden. Doch auch hier scheint sich keine Familienidylle einzustellen, da die griechische Königstochter Kreusa dem rastlosen Jason einen Ausweg bietet, den er, ohne zu zögern, ergreift und Medea damit Anlass gibt, ihre gemeinsamen Kinder zu töten, bevor sie des Landes verwiesen wird. In ihrer Erzählung des Mythos, beschäftigt Rieke Süßkow jedoch nicht die Frage, warum eine Frau ihr Söhne umbringt, sondern, was sie überhaupt erst dazu bringt, einen Teil von sich zu verleugnen, um geliebt zu werden.
Abseits jeder göttlichen Vorhersehung sehen wir uns heute dem Sog kapitalistischer Glücksversprechen ausgesetzt. Ähnlich wie in den 50er Jahren scheinen Glück und Liebe demnach durch materiellen Besitz und inszenierte Perfektion herstellbar zu sein. Inspiriert von Hans Henny Jahnns Medea, die versucht das Liebesglück zu konservieren, wird die Protagonistin deshalb zu einer Jacky Kennedy ähnlichen Figur, die, infiziert vom »American Dream«, sich selbst und ihre Söhne einem starren System unterwirft, das von außen versucht etwas herzustellen, das von innen heraus nicht entstehen will. Auch Jason, der Medea benutzt hat, um an das goldene Vließ zu gelangen und ihr eine Liebe versprochen hat, die er nie erfüllen kann, wird nun von ihr benutzt, um ihr Bild von Liebe und Glück zu erzwingen. Die Utopie wird zur Dystopie, in der unterschiedliche Formen von struktureller Gewalt und Übergriffigkeit ausbrechen.
»Ein Wunder, dass ein Bild wie ich sprechen kann. […] Man muss mit dem Kopf schöne Bewegungen machen und diese Bewegungen dann zu einem Foto zusammenschnüren. Fesseln. […] Man muss von sich selber gefangen sein, dann wird man auch die anderen einfangen können. Man muss still sein, aber in der Stille am lautesten.« (Jacky, Elfriede Jelinek)
GEISTER DER ZUKUNFT – so sind die vier Abschlussarbeiten des Regie Schauspiel Jahrgangs 2019 der Theaterakademie überschrieben. Die Absolvent*innen sehen sich als Teil einer neuen Künstler*innen- und Theatergeneration, die sich fragt, welche Wirkung und Kraft Theater in der heutigen Zeit haben kann. Wie es auf die aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen reagieren und Einfluss nehmen kann. Mit ihren Arbeiten wollen sie sich stärker denn je für Gerechtigkeit einsetzen und gegen extremistische Tendenzen und Stimmungen in Gesellschaft und Politik wehren.
Weitere Abschlussarbeiten:
Felix Maria Zeppenfeld: TILL EULENSPIEGEL (04. - 07.01.2019 / 19:30)
Marie Stolze: DAS KÄTCHEN VON HEINRICH VON KLEIST (01. - 03.02.2019 / 19:30)
Meera Theunert: MIESE DEALS (22. - 24.02.2019 / 19:30)