27.September 2023 – 14.Oktober 2023
Still Openhaus – It's Hard to Be Avantgarde
Spielzeiteröffnung 2023/24
Offenherzig hat sich Kampnagel zuletzt 2017 dem »Jahrhundert der Migration« gestellt, erkannte Zirkulation, Bewegung und Migration als neuen Normalzustand an und erklärte sich selbst zum OPENHAUS. Sechs Jahre sind nun ins Land gestrichen, und was hat sich migrationspolitisch geändert? Vieles! Doch leider wenig zum Besseren. Wir beobachten, wie unterschiedlich Geflüchtete behandelt werden und wie weiterhin auf dem Rücken aller Migrant*innen Ängste geschürt werden, statt neue Wege des Miteinanders zu erproben. Während die Asylrechtsreform vergleichsweise sachte durchgewinkt wird, feiert sich Europa selbst weiter als Kosmopolitin. Diesen Dissonanzen begegnet Kampnagel mit dem konsequenten Recycling des Spielzeitmottos von 2017 und widmet die Saison 2023/24 erneut den STRATEGIEN FÜR EINE MIGRANTPOLITISCHE GESELLSCHAFT. Weg von Charity und Sympathie, weg von Erzählungen von Opfern und Held*innen, fragen wir erneut: Wie können wir gemeinsam mit Ihnen und euch, zumindest im Rahmen der Kunst, ein umstandsloses Miteinander verhandeln und zelebrieren? Doch selbst das Miteinander muss erkämpft werden, wenn die physische Präsenz Vieler verhindert wird, durch europäische Migrations- und Grenzpolitik oder durch andere Formen der Ausgrenzung. Den unter Druck geratenen Hilfsstrukturen will Kampnagel Abhilfe schaffen: Die zweite Ausgabe der queer-feministischen TATTOO-CONVENTION kooperiert mit Seawatch, und 70% des Erlöses fließen direkt an die Hilfsstrukturen im Mittelmeer. In einem PROTESTGESPRÄCH diskutieren lokale und internationale Expert*innen und Aktivist*innen über die Asylrechtsreform und fragen nach Anschlüssen an bestehende Bewegungen unter den neuen Bedingungen. Zahlreiche transnationale Künstler*innen, Denker*innen und Companys präsentieren zur Eröffnung Arbeiten, die in Europas koloniale Amnesie intervenieren: andcompany&Co. verhandelt Fragen nach Flucht und Exil und der Problematik der Menschenrechte kindgerecht. Meron Mendel und Dirk Moses debattieren das Verhältnis deutscher Erinnerungspolitik bezüglich der Shoah und des Kolonialismus. In PUMPITOPERA TRANSATLANTICA setzt sich die brasilianische Gruppe Mexa in einer Neudeutung der Odyssee mit Wegen und Hindernissen ihrer Leben in einem transnationalen Kontext auseinander. Und so kommt der zweite Leitgedanke spielerisch hinzu: IT‘S HARD TO BE AVANTGARDE ist keine Koketterie, sondern eine ebenso unterhaltsame wie kritische Reflexion der Avantgarde und des Zeitgeistes – beides ja bekanntlich die Phänomene, die Kampnagel zu dem machen, was es ist: ein Ort der Gemeinschaft, der schönen Künste und der Begegnung, des Dialoges und des Experimentes. Vor allem aber ist Kampnagel ein gemeinsames Unterfangen – wir freuen uns auf Euer und Ihr Mitwirken! Denn: »no one of us can be free until everybody is free.« (Maya Angelou)