Eine Grafik mit zwei abstrakten gelben Figuren auf lila Hintergrund. Eine Figure hält ein Buch in der Hand, die andere trägt Kopfhörer.
© Ronak Jundi
Eine Grafik mit zwei abstrakten gelben Figuren auf lila Hintergrund. Eine Figure hält ein Buch in der Hand, die andere trägt Kopfhörer.
Schwerpunkt

Performative Buchmesse

Hamburg schlägt neue Seiten auf: Die Hafenstadt hat jetzt eine Buchmesse! Über vier Tage lang lassen wir in unterschiedlichen Räumen Literatur- und Verlagswesen auf Methoden der Performance-Welt treffen: Die erste Hamburger Performative Buchmesse zur Umstülpung des Literaturbetriebs will ausprobieren, wie sich jenseits von Kapitaldruck und Bestseller-Listen, Machtgefällen und ausgrenzenden Codes, ein anderes Lesen, ein anderes Sprechen über Texte, ein anderes Schreiben, ein anderes Festhalten und Weitertragen von Erfahrung und Wissen praktizieren lässt. Auch wenn vielerorts das Ende des gedruckten Buches prophezeit wird – erst einmal gilt wohl weiterhin: Wer (sich ein-)schreibt, der bleibt. Wir fragen deshalb in Installationen, Vorträgen, Gesprächen und Interventionen: Wer würde was wie veröffentlichen, wenn es dazu tatsächlich freiere Zugänge gäbe? Welche politisch-progressive Schlagkraft kann im Spekulieren und Geschichtenerzählen entwickelt werden? Braucht man Literatur, um Revolution zu machen? Wie sieht ein antikapitalistischer Literaturbetrieb der Zukunft aus und mit welchen zehn Büchern bauen wir nach der Apokalypse die neue Welt auf? Und nicht zuletzt: Was wäre, wenn keine Buchmesse mehr einen Nazi einlädt? Alle anderen sind hier mehr als herzlich eingeladen – Nischenliebhaber*innen und Lesefaule, Buchprofis und Performance-Fans – zum Über/schreiben, Kritisieren und Zuhören.

Diskurs und Performance mit: Alison Kafer, Ama Josephine Budge, Christiane Frohmann, Dîlan Sina Balhan, Duygu Ağal, Eliah/Akademie der Unvernunft, Elisa Aseva, Georgina Fakunmoju, Gilda Sahebi, Hannah C. Rosenblatt, James A. Sullivan, Jeanette Oholi, Jen Deerinwater, Johannes Tesfai, Maha El-Hissy, Mara Mills, Marcel Inhoff, Mareice Kaiser, Mariam Ibrahim, Millicent Adjei, Naomi Odhiambo, Natali Bhalchandra Abhyankar, Nhi Le, Patience Amankwah, Raphaëlle Red, Rebecca Sanchez, Sarah Bekambo, Sarah Fartuun Heinze, Sarah Rudolph, Sophie Sumburane, Stefanie-Lahya Aukongo, Svenja Reiner, Tejan Lamboi, Teresa Blankmeyer-Burke, Vera Hofmann, Veronika Zablotsky.


Die Buchmesse wird kuratiert von Pajam Masoumi und Alina Buchberger, in kuratorischer Beratung durch Sharon Dodua Otoo. Sie findet in Kooperation mit der Fasiathek und der Buchhandlung im Schanzenviertel statt. Zahlreiche Beiträge werden digital gestreamt sowie gedolmetscht.


Wir freuen uns, wenn ihr zu Hause einen Corona-Schnelltest macht, und auf der Buchmesse in vollen Innenräumen eine Maske tragt. Wer Erkältungssymptome hat: Nehmt anstatt vor Ort doch gern per Zoom an den Diskursveranstaltungen teil.


Liebe Besucher*innen, während der Buchmesse sind Finja (Fotografie) und Memesh (Social Media) von uns beauftragt, Fotos und kurze Videos im Foyer zu machen. Sie tragen ein Badge um den Hals. Wenn Sie nicht aufgenommen bzw. fotografiert werden möchten, sagen Sie den beiden gern direkt Bescheid oder melden Sie sich beim Infopoint. Viel Spaß bei der Buchmesse!

Donnerstag: Anlass & Analyse

Warum machen wir überhaupt eine Performative Buchmesse? Was ist an ihr anders, und was gibt es am Status Quo zu bemängeln? Zum Auftakt wird das Publikum in die Überlegungen zur Messekonzeption (Beobachtungen und Notwendigkeit für eine neue Messeform) eingeladen. Wir eröffnen die Buchmesse am Donnerstag mit einem Anti-Buchmessen-Manifest und einem Podium, das die Ausschlüsse im Literaturbetrieb beleuchtet.

Freitag: Neuer Mainstream

Am zweiten Tag der Messe erproben wir einen neuen literarischen Mainstream. Die Fasiathek – Präsenzbibliothek aus Schwarzer Perspektive – lädt mittags zum Get-together in den eigenen Räumlichkeiten (Fux-Kaserne, Bodenstedtstraße 16) ein, um bei Snacks und Getränken über den Stand Schwarzer Literatur in Deutschland zu sprechen. Am Abend findet ein Online-Panel in Kooperation mit der New York University anlässlich der Veröffentlichung »Crip Authorship« statt, in dem Perspektiven auf Textästhetik, Behinderung und Autor*innenschaft geteilt werden. Zur Primetime treffen wir uns auf Kampnagel oder im Live-Stream zum »Kritikabeln Queertett«, der beliebten Überschreibung einer deutschen Literatur-Fernsehsendung auf der Suche nach Wegen, über Literatur multiperspektivisch zu sprechen...

Samstag: Spekulieren um zu Revolutionieren

Wir sind selbst nicht unfehlbar, aber wir wollen etwas ändern. Nicht alles, was wir uns auf die Fahne schreiben, funktioniert auch – Gründe, die Fahne hochzuhalten, gibt es aber genug. Am Samstag wird es verletzlich, träumerisch und wütend: Was wäre, wenn..? Und was machen wir, wenn es nicht klappt? Akteur*innen der Literaturproduktion sind am Vormittag zur internen und selbstkritischen Vernetzung eingeladen: Woran scheitern sie, wo suchen sie nach Rat und Feedback? Den frühen Abend gestaltet die Fasiathek mit einem Einblick in das Leben und Schreiben der afrodeutschen Aktivistin, Liedermacherin und Autorin Fasia Jansen, die während des Nationalsozialismus als Jugendliche in Hamburg lebte und sich zeitlebens in Protesten und Arbeiter*innenstreiks engagierte. Es folgt eine Podiumsdiskussion über Spekulatives Schreiben und seine realen politischen Potenziale aus marginalisierter Perspektive. Nach dem langen Tag gehen wir über in die »Lange Nacht der revolutionären Literatur«: Expert*innen und Publikum begegnen sich im Raum, um aus unterschiedlicher Erfahrung über die Beziehungen zwischen Schreiben und Revolutionieren zu sprechen.

Sonntag: Kollektive Organisierung

Der letzte Tag der Buchmesse schafft Raum für gemeinsame Organisierung und Zukunftspläne. Nach zwei Impuls-Vorträgen zu Ideen für den antikapitalistischen Literaturbetrieb der Zukunft wird es einen zweiten internen Vernetzungsraum für Literaturbeschäftige aller Professionen um diese Fragen gehen: Was sollte politisch gefordert werden? Welche Selbstorganisation ist schon da, welche fehlt noch? Währenddessen ist das Publikum eingeladen, einem kollektiven Lesungsformat zu folgen. Wir treffen uns wieder zur abschließenden Podiumsdiskussion über Storytelling als politische Praxis: Viele Geschichten erzählen in der eigenen Ästhetik und Sprache, gemeinsam, vielperspektivisch und selbstbestimmt – dies bleibt eine der wichtigsten politischen Werkzeuge zur Emanzipation.


Gefördert von Goethe Institut Hamburg, Elbkulturfonds und ACT - Art, Climate, Transition.

In Kooperation mit Fasiathek/Arca e.V. und der Buchhandlung im Schanzenviertel.

Kuration: Pajam Masoumi, Alina Buchberger / Produktionsleitung: Johanna Thomas / Kuratorische Beratung: Sharon Dodua Otoo / Ausstattung: Jo Landt / Ausstattungsassistenz: Daniela Aparicio Ugalde / Grafik&Marketing: Ronak Jundi / Social Media: Brenda Geckil / Beratung Messekonzept: Christiane Frohmann